….. hat kürzlich ein Bekannter zu mir gesagt.
Wie viel Authentizität verträgt meine berufliche Rolle? Diese Frage beschäftigt mich seit mehreren Jahren.
Aus Coachings und Seminaren weiß ich, dass es besonders für Führungskräfte ein brisantes Thema ist:
Natürlich könnte man sagen: Wer in besser bezahlten Rollen unterwegs ist, z. B. als Teamleiter oder im mittleren Management, von dem wird erwartet, dass er im Rahmen seines Schmerzensgeldes Entscheidungen und Veränderungen gelassen und zuversichtlich vorantreibt. Angst, Sorge oder Unsicherheit, wie man die Anforderungen meistern soll, will in solchen Umfeldern selten einer hören.
Falls Sie zu denen gehören, die eher nur bei Freunden oder in der Familie zeigen, wie’s Ihnen wirklich geht, wissen Sie, welchen Preis Sie bezahlen: Es strengt an zu lächeln, wenn’s einem nicht danach ist. Die innere Spannung nimmt meist über die Jahre zu. Und die Glaubwürdigkeit nimmt ab – denn unauthentisches Verhalten wird wahrgenommen, oft sehr bewusst. Die Bedürfnisse, die wir uns damit erfüllen, sind gewichtig: Anerkennung, Harmonie, Sicherheit.
Mir ist der Preis zu hoch geworden
Deshalb habe ich vor einigen Jahren ein Experiment begonnen, das ich seit dem ausweite:
Zu dem Zeitpunkt habe ich einen schwierigen Mediationsauftrag in einer Organisation angenommen, die für ihren Kämpfergeist bekannt ist. Beim Einstieg der Veranstaltung habe ich gesagt, dass der Profi in mir ganz klar sieht, wie ich vorgehe, der fühlt sich sicher. Ein anderer Teil in mir hat gerade richtig weiche Knie, weil der nicht weiß, ob ich das hinkriege.
Was mich damals geleitet hat, waren zwei Dinge:
1. Wie kann ich von anderen Offenheit und Berührbarkeit für die Konfliktklärung erwarten, wenn ich selber nichts preis gebe und damit kein Risiko eingehe?
2. Meine Angst zuzugeben hat mich entlastet. Ich musste nicht mehr vorgeben, wie cool ich bin, obwohl wahrscheinlich schon alle mein Muffensausen gerochen hatten.
Das Team damals hat ziemlich geschaut, keiner hat’s kommentiert.
Seitdem mute ich meinen Kunden immer häufiger zu, wie’s mir geht...
... auch wenn’s keine schönen Gefühle sind. Manchmal immer noch mit der Angst im Hintergrund, dass meine Akzeptanz als Trainerin oder Beraterin beim Teufel ist.
Ich hab’s bislang noch nicht erlebt.
Wenn der Abenteurer in Ihnen angesprochen ist, probieren Sie‘s doch mal aus. Am Anfang am besten mit überschaubarem Risiko.
Und Vorsicht vor den Nebenwirkungen: Wenn Sie merken, wie gut es sich anfühlt, Sie selber zu sein, wollen Sie kein anderer mehr sein.
Herzlich,
Ihre Monika Merkle